Inkassofirmen setzen deutsche Autofahrer nach Reisen unter Druck

Horrende Forderungen für Bagatellvergehen: ADAC warnt vor „dreister Abzocke“ durch Inkassounternehmen im Auftrag ausländischer Behörden.

 

Deutsche Autofahrer, die im Urlaub vermeintliche Verkehrsvergehen begangen haben, sehen sich nach ihrer Rückkehr zunehmend mit aggressiven Forderungen privater Inkassofirmen konfrontiert. Diese Firmen, die im Auftrag ausländischer Behörden oder Kommunen agieren, treiben Bußgelder ein und setzen die Betroffenen mit teils unzulässigen Methoden unter Druck. Der ADAC warnt vor einer Zunahme dieser Fälle und spricht von „dreister Abzocke“.

„Aus 10-Euro-Knöllchen werden 400-Euro-Forderungen“

Wie ADAC-Jurist Michael Nissen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe mitteilte, erreichen die Rechtsberater des Automobilclubs täglich 30 bis 40 Anrufe von Mitgliedern, die um Beistand bitten. „Aus harmlosen 10-Euro-Knöllchen wegen Parkverstößen werden Forderungen über 400 Euro, mit Androhung von Schufa-Einträgen“, so Nissen. Besonders häufig betroffen sind Urlauber, die in Touristenstädten in Kroatien und Italien unterwegs waren.

Die Inkassobranche selbst bestätigt das Ausmaß des Problems. Laut Angaben wurden im vergangenen Jahr knapp 415.000 Mahnbriefe an deutsche Autofahrer verschickt, die im Ausland vermeintliche Verkehrsvergehen begangen haben sollen. „Dieses Ausmaß hat uns schockiert“, kommentiert Nissen die Zahlen.

Wie funktioniert die Eintreibung ausländischer Bußgelder?

Seit 2010 können Bußgelder ab 70 Euro grenzüberschreitend innerhalb der EU eingetrieben werden. Allerdings haben ausländische Behörden keinen direkten Zugriff auf deutsche Autofahrer. Sie müssen sich mit einem Ersuchen an das deutsche Bundesamt für Justiz (BfJ) wenden. Das BfJ prüft den Fall und entscheidet, ob das Bußgeld in Deutschland vollstreckt werden kann.

In vielen Fällen beauftragen ausländische Behörden jedoch private Inkassofirmen mit der Eintreibung der Bußgelder. Diese Firmen versenden Mahnbriefe und drohen mit Inkassokosten, Schufa-Einträgen und gerichtlichen Schritten. Oft sind die Forderungen überhöht und die angedrohten Maßnahmen unzulässig.

ADAC warnt vor unzulässigen Praktiken der Inkassofirmen

Der ADAC kritisiert die aggressiven Methoden der Inkassofirmen und warnt vor unzulässigen Praktiken. Häufig werden Mahngebühren und Inkassokosten in Rechnung gestellt, die in keinem Verhältnis zum ursprünglichen Bußgeld stehen. Auch die Androhung von Schufa-Einträgen ist in vielen Fällen unzulässig.

Der ADAC rät betroffenen Autofahrern, die Forderungen der Inkassofirmen genau zu prüfen und sich im Zweifelsfall rechtlich beraten zu lassen. Es ist wichtig, die Berechtigung der Forderung, die Höhe des Bußgeldes und die Angemessenheit der Inkassokosten zu überprüfen.

Tipps für Autofahrer, die im Ausland ein Knöllchen erhalten haben

  • Ruhe bewahren: Lassen Sie sich nicht von den Drohungen der Inkassofirmen einschüchtern.

  • Forderung prüfen: Überprüfen Sie die Berechtigung der Forderung, die Höhe des Bußgeldes und die Angemessenheit der Inkassokosten.

  • Beweise sichern: Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen, wie z.B. den Bußgeldbescheid, Fotos vom vermeintlichen Verkehrsverstoß und Belege über die Reise.

  • Widerspruch einlegen: Wenn Sie Zweifel an der Berechtigung der Forderung haben, legen Sie schriftlich Widerspruch ein.

  • Rechtlichen Rat einholen: Im Zweifelsfall sollten Sie sich rechtlich beraten lassen, z.B. bei einem Anwalt oder beim ADAC.

  • Nicht voreilig zahlen: Zahlen Sie die Forderung nicht voreilig, bevor Sie die Berechtigung geprüft haben.

Was tun, wenn die Forderung unberechtigt ist?

Wenn Sie der Meinung sind, dass die Forderung der Inkassofirma unberechtigt ist, sollten Sie schriftlich Widerspruch einlegen und die Gründe dafür darlegen. Fügen Sie Ihrem Widerspruch alle relevanten Unterlagen bei.

Fordern Sie von der Inkassofirma eine Kopie des Bußgeldbescheides und den Nachweis, dass die Forderung rechtmäßig an sie abgetreten wurde.

Wenn die Inkassofirma weiterhin auf die Zahlung besteht, sollten Sie sich rechtlich beraten lassen und gegebenenfalls gerichtliche Schritte einleiten.

Prävention: So vermeiden Sie Ärger im Urlaub

  • Verkehrsregeln beachten: Informieren Sie sich vor der Reise über die Verkehrsregeln im Urlaubsland.

  • Sorgfältig parken: Achten Sie auf die Parkhinweise und parken Sie nur auf ausgewiesenen Flächen.

  • Geschwindigkeitsbegrenzungen einhalten: Halten Sie sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen, um Bußgelder zu vermeiden.

  • Beweise sichern: Wenn Sie einen Strafzettel erhalten, fotografieren Sie den Verstoß und sichern Sie alle relevanten Beweise.

  • Rücksprache mit der Behörde: Wenn Sie Zweifel an der Berechtigung des Strafzettels haben, setzen Sie sich direkt mit der zuständigen Behörde in Verbindung.

Fazit: Wachsam bleiben und Rechte kennen

Deutsche Autofahrer sollten sich bewusst sein, dass sie nach Urlaubsreisen von Inkassofirmen unter Druck gesetzt werden können. Es ist wichtig, wachsam zu bleiben, die Forderungen genau zu prüfen und seine Rechte zu kennen. Mit den richtigen Informationen und der Unterstützung von Experten können Betroffene sich gegen unzulässige Praktiken der Inkassofirmen wehren und unberechtigte Forderungen abwehren. Der ADAC bietet seinen Mitgliedern umfassende Rechtsberatung und Unterstützung in solchen Fällen.

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